Von der Kunst des guten Kaffeekochens in Köln

Von der Kunst des guten Kaffeekochens in Köln

Richtig guter Kaffee war meiner Meinung nach in Deutschland lange schwer zu finden. Genau genommen nur am anderen Ende der Welt: in Melbourne, Australien. Dort gewann ich zum ersten Mal einen Eindruck davon, was es bedeutet, eine eigene „Kaffeekultur“ zu haben und zwar jenseits der traditionellen und in die Jahre gekommenen Kaffeehäuser in Europa. In Melbourne sind es viele kleine Cafés, die eine moderne und vielfältige Kaffeekultur schaffen: Viele von ihnen rösten ihre Kaffeebohnen selbst, sie alle haben ihr eigenes Geheimnis für den perfekten Mahlgrad, die Zubereitung an der Maschine, bieten die verschiedensten Mischverhältnisse von Espresso, Milch und Milchschaum an – in den jeder Barista übrigens sein ganz eigenes Kunstwerk zaubert, mal mit und mal ohne die Hilfe von feinstem Kakaopulver. Diese Kultur sorgt nicht nur für richtig guten Kaffee, sondern hat auch den Begriff „Melbourne Coffee“ geprägt.

Martin Keß und Monika Linden nicken beide voller Zustimmung, als ich Ihnen diese Anekdote erzähle. Und servieren mir eine Tasse ihres Van Dyck Cappuccinos. Der Milchschaum ist zu einem kunstvollen Palmenblatt geschwungen. Perfekt.

„Wir Deutschen haben uns lange auf der italienischen Kaffeetradition ausgeruht. Da ist lange nichts weiter passiert. Dadurch haben Ruf und Qualität unserer Meinung nach irgendwann nicht mehr zusammengepasst“, sagt Martin. Das haben die beiden Kölner 2010 zum Anlass genommen, ihren eigenen Kaffee zu rösten und ihr Unternehmen Van Dyck zu gründen. „Wir wollten leckeren Kaffee von rundherum hoher Qualität bieten. Deshalb war für uns von Anfang an klar: wenn wir unsere eigene Rösterei aufmachen, dann verwenden wir ausschließlich Bio-Kaffeebohnen aus fairem Handel“, erklärt Monika.

Was aus heutiger Sicht dank eines wachsenden Verbraucherbewusstseins zum guten Ton gehören mag, war vor rund 11 Jahren ein innovativer Schritt heraus aus der Nische: „Damals bist du noch in eine Rösterei gegangen, die 10 Kaffeesorten anbietet, wovon nur 2 Bio und 3 andere Fair Trade sind. Den Kaffee hat man dann oftmals für die innere Haltung getrunken, aber nicht wegen des guten Geschmacks. Das hat uns nicht eingeleuchtet. Das wollten wir ändern“, so Martin.

Tatsächlich sollte das aber nur einer von vielen Schritten sein, mit dem die beiden Van Dyck Gründer frischen Wind in die angestaubte Kaffeetradition brachten. Neu war auch, dass Van Dyck Kaffee als Lifestyle-Produkt verstand: dazu gehörte die bewusste Entscheidung und ein modernes und ästhetisches Design jenseits der bis dato gängigen schlichten schwarzen Verpackungen. „Wir waren von Anfang an ‚die mit der grünen Tüte‘. Unser Packaging stellt man sich gerne ins Regal. Wir haben sogar Einrichtungszeitschriften aufgeschlagen und haben in Interieur-Shootings unsere Produkttüten wiedergefunden.“, erzählt Monika.

Die „grünen Tüten“ in der Espressobar auf der Severinsstraße

Der Markenname sowie das ikonische Logo, aber auch die liebevoll ausgewählten Namen der mittlerweile 15 verschiedenen Kaffeeröstungen, von „Adorno“ bis „Herzblut“: all das haucht der Tradition neues Leben ein. Ebenso wie die stetig neuen Ideen der Gründer. „In der deutschen Kaffeelandschaft herrschte lange die „100% Arabica“-Tradition vor. Dabei ist das gar kein Qualitätsmerkmal, es besagt nur etwas über die Bohne. Wir hatten aber auch Robustabohnen, die uns echt überzeugten. Also haben wir vor etwa 6 Jahren einen 100% Robustakaffee angeboten. Damit waren wir die Ersten. Und haben bewiesen, dass auch solcher Kaffee gern getrunken wird“, erzählt Martin. Und verrät, dass auch schon wieder eine neue Idee in der Pipeline sei: „Instant-Coffee! Auch da gibt es ja das Vorurteil, dass es den nicht in guter Qualität gibt und er einfach nicht schmeckt. Das haben wir auch immer gedacht. Aber wir mussten unsere Meinungen revidieren und sind überzeugt davon, dass wir im Laufe des Frühjahrs auch hier eine gute Qualität bieten können.“

Neue Wege gehen, Gutes beibehalten, Alteingesessenes Hinterfragen, das sei die Vorgehensweise bei ihnen im Team, erklärt Monika. „Die Freiheit können wir uns als Unternehmer einfach nehmen. Wir hatten eben die Freiheit, von vorne anzufangen. Es gab kein bestehendes Unternehmen, keine gelebte Tradition, die wir erst mühsam hätten umkrempeln mussten“, sagt Martin. Dennoch sei Van Dyck eine traditionelle Kaffeerösterei. „In Berlin zieht man die rohen Bohnen gefühlt kurz über die Heizung und nennt das schon ‚Röstung‘. So wild und experimentierfreudig sind wir sicher nicht.“

Die Espressobar in Mülheim.
Foto: Laura Herrmann

Es ist eben diese herrliche Balance aus Tradition und Moderne, die Van Dyck ausmacht. Die erste Rösterei mit angeschlossenem Café entstand in einem ehemaligen Friseursalon in der Körnerstraße. Der Look ist eine wunderbare Hommage an Kaffeegeschichte: im Osmanischen Reich war Kaffee zeitweise verboten, so dass Kaffeehaus-Besitzer ihre Röstereien als Barbierläden tarnten. Die 2020 eröffnete Espressobar wiederum ist so clean und modern, dass Monika bereits das Feedback erhielt, dass Van Dyck an Berlins Hipstertum kratze.

In jedem Fall beweist Van Dyck immer wieder: Bei guten Kaffee geht es um mehr, als ein Getränk. Es geht um Lifestyle, ums Erlebnis, um Kultur.

 „Kaffee ist zwar ein Getränk, aber es geht eigentlich mehr ums Kochen, als ums Trinken. Die Zubereitung ist eine Wissenschaft für sich. Und als Röster leidest du natürlich darunter, wenn du ein tolles Produkt machst und das Potenzial der Bohne nicht in der Tasse landet,“ sagt Martin. Deswegen ging das Team auch hier neue Wege. Sowohl den zahlreichen Geschäftskunden, Cafés und Restaurants in und um Köln, als auch Privatkunden bietet Van Dyck Baristakurse an, um für eine gleichbleibend hohe Qualität zu sorgen.

„Die Auffassung, dass eine gute Kaffeebohne automatisch guten Kaffee macht, greift zu kurz. An gutem Kaffee hängt so viel dran“, sagt Monika. Die Zubereitungsart in unterschiedlichen Maschinen, das Verhältnis von Kaffeemehl zu Wasser, der Mahlgrad oder auch die Wassertemperatur: all das habe empfindliche Auswirkungen auf den Geschmack. Monika weiß das aus eigener Erfahrung: bis 2018 führte sie das Café Sehnsucht in Ehrenfeld. Und habe vor der Gründung von Van Dyck wenig über guten Kaffee gewusst. „Ich erinnere mich daran, dass ich vor etlichen Jahren einmal einen Kunden im Café Sehnsucht hatte, der seinen Espresso nicht trinken wolle, weil die Crema zu hell sei. Ich wusste nicht, wovon er spricht. Ich war ja froh, überhaupt eine Crema zu haben“, erzählt sie und lacht dabei. „Heute weiß ich natürlich, dass es für die perfekte Crema auf den richtigen Mahlgrad ankommt und sie ein sehr gutes Indiz dafür ist, ob der Espresso schmeckt. Und genau dieses Wissen wollen wir unseren Kunden weitergeben: Woran erkenne ich vielleicht schon mit bloßem Auge, dass mir der Kaffee gerade nicht gelungen ist? Und was muss ich dann verändern?“

„Das ist das Schöne daran: Kaffee ist nicht elitär. Man kann sich den Porsche unter den Vollautomaten in die Küche stellen oder kleines Geld in eine Bialetti investieren – und mit beidem das Beste aus der Bohne herausholen.“

– Martin Keß, Gründer Van Dyck

Das Schulungsangebot komme nicht nur bei Geschäftskunden gut an, sondern zunehmend auch bei Privatkunden. „Wir stellen fest, dass das Interesse am Thema Zubereitung in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Gerade die junge Generation experimentiert regelrecht mit unterschiedlichen Zubereitungsarten“, so Martin. „Das ist das Schöne daran: Kaffee ist nicht elitär. Man kann sich den Porsche unter den Vollautomaten in die Küche stellen oder kleines Geld in eine Bialetti investieren – und mit beidem das Beste aus der Bohne herausholen.“

Normalerweise finden die Kurse in kleinen Gruppen bei Van Dyck vor Ort statt. Jetzt ist das Team auf virtuelle Kurse umgestiegen. Der erste Online-Baristakurs startete vor zwei Wochen. Der nächste Termin findet am 18. April 2021 statt. Für „BRÜHSPORT – raus aus den Federn, ran an den perfekten Kaffee“  bekommen 15 Teilnehmer vorab ein Päckchen Kaffee nach Hause geschickt, um diesen dann gemeinsam Zuhause zuzubereiten.

Ich nehme einen Schluck von meinem Cappuccino und bin froh, dass ich für guten Kaffee nicht mehr weit reisen muss. Es gibt ihn mittlerweile auch in Köln. Das findet auch Martin: „Köln trinkt immer besseren Kaffee. Die Vielfalt wird größer. In den letzten 11 Jahren ist mit Sicherheit ein Dutzend Kölner Röstereien dazugekommen. Das ist super, denn jede hat ihren eigenen Röststil. So kann jeder Kölner vieles für sich ausprobieren und seine ganz persönliche Lieblingsröstung finden.“

Van Dyck Rösterei und Espressobar mit Bistro

Schanzenstraße 36 | 51063 Köln-Mülheim | Telefon: +49 221 169 166 07 | Shop: https://vandyckkaffee.de/
Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 10 – 14 Uhr | Sa – So. & Feiertage geschlossen

Van Dyck Espressobar Ehrenfeld

Körnerstraße 43 | 50823 Köln | Telefon +49 221 298 311 82 | Shop: https://vandyckkaffee.de/
Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 9 – 19 Uhr | Sa. 9 – 18 Uhr | So. & Feiertage geschlossen

Van Dyck Espressobar Südstadt

Severinstrasse 40 | 50678 Köln | Telefon +49 221 423 001 90 | Shop: https://vandyckkaffee.de/
Öffnungszeiten: Mo. – Sa. 10 – 19 Uhr | So. & Feiertage geschlossen

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