Die vielen Bedeutungen von Heimisch, oder: „Ich möchte meinen Gästen ein zweites Zuhause bieten“

Die vielen Bedeutungen von Heimisch, oder: „Ich möchte meinen Gästen ein zweites Zuhause bieten“

Foto: Karolin Schell & Jens Wenzel

Als wir 2017 nach Deutz zogen, fehlte in unserer Wohnung etwas ganz Entscheidendes, um anzukommen und sich zu Hause zu fühlen: eine Küche. Sechs Wochen mussten wir auf die Anlieferung warten (und lernten auf die harte Tour, Küchen künftig besser nicht mehr in der Sommerpause zu bestellen). Während wir unter der Woche versuchten, mit so wenig Aufwand wie möglich Mahlzeiten auf die Beine zu stellen und Geschirr notdürftig im Bad spülten, freute ich mich schon auf das anstehende Wochenende: Dann würden wir das herrlich große Frühstücksbrett für 2 Personen mit Croissant, Marmelade und leckerem Schnittkäse auf hübschen Schieferplatten serviert bekommen, guten Cappuccino aus Tassen genießen und es uns an einem hübschen Plätzchen am Fenster gemütlich machen, um das Treiben auf der Deutzer Freiheit zu beobachten. In meinen ersten sechs Wochen in Deutz wurde das Café Heimisch mein Wohlfühl-Ort, meine „Das-hab-ich-mir-jetzt-verdient“-Anlaufstelle, meine Ersatzküche und mein zweites Zuhause.

„So soll das auch sein“, freut sich Inhaberin Gianna Gilgen, als ich ihr die Geschichte während unseres Interviews erzähle. „Das Heimisch soll ein Ort sein, an dem sich jeder wohlfühlt. Ein junges und modernes Café – aber auch nicht zu cool oder zu hip. Man soll sich ja schließlich durch die Eingangstür trauen.“

Das war die Idee, als Gianna ihr Café 2016 eröffnete. Seitdem lernen Studenten an den großen Tischen in der zweiten Etage zusammen, finden sich junge Mütter in den gemütlichen Sesselecken ein und trinken Kaffee, während die Kleinen Platz zum Spielen haben. „Und jeden Freitag kommen normalerweise zwei ältere Damen nach ihrem Einkauf auf dem Deutzer Wochenmarkt für eine Pause hierher: die eine trinkt einen Kaffee, die andere einen Kakao – das gehört zu ihrem Freitagsritual dazu“, erzählt Gianna.

Heimisch ist übrigens auch das gesamte Angebot des Cafés: Die Kuchen sind selbst gebacken, das Mehl sowie die gesamten Backwaren kommen von der DLS Mühlenbäckerei in Hennef. Die Eier vom Familienbetrieb Alpermühle, Milch, Quark und Käse vom Hielscher Hof in Leichlingen, die Wildwaren aus dem Siebengebirge und der Schinken und Speck aus der Biofleischerei Jansen aus Poll. „Wir folgen hier keinen Foodtrends, sondern setzen vor allen Dingen auf regionale und saisonale Küche“, erklärt Gianna. Deswegen gibt’s im Heimisch auch weder Avocado noch Ananas. „Und wir verwenden auch keine trendigen Chiasamen, sondern die guten alten Leinsamen“, lacht Gianna. Es sei ein gutes Gefühl, Produkte aus der Nähe anzubieten. „Und es ist schön, mit den Händlern im persönlichen Austausch zu sein und so viel über die Produkte zu erfahren. Es ist gut zu wissen, dass die Hühner artgerecht gehalten werden und die Puten nicht immer gleich Antibiotika bekommen, sondern einfach mal ein Hausmittel gegen Erkältung wie Thymiantee.“

Schön ist auch, dass ich selbst durch Giannas regionale Küche immer wieder etwas Neues kennenlerne: So überraschte mich das Heimisch saisonbedingt mit einem Kürbis- statt Karottenkuchen. Und im Ofengemüse entdecke ich im aktuellen Winter auch gerne einmal eine leckere Knolle, die es sonst normalerweise vielleicht nicht auf meinen Teller geschafft hätte. Deswegen komme ich auch vier Jahre später immer noch gerne ins Heimisch – auch wenn ich das Rührei aktuell nur To-Go auf einem der Röstbrote und den Cappuccino nur im Recup mitnehmen kann.

Heimisch ist mit ihrem Café auch Gianna selbst, sie ist angekommen. Den Weg zu ihrem Café schildert sie wie eine kleine Reise auf der Suche nach einer beruflichen Heimat: Die Bäckereifamilie, aus der sie stammt, die Ausbildung zur Hotelfachfrau, ihre Zeit bei Starbucks und der Kölner Rösterei Van Dyck – all diese Stationen führten sie schließlich zu ihrem eigenen Kaffee und prägen ihre Arbeit auf die ein oder andere Weise. „Ich dachte beispielsweise, dass ich bei Starbucks gelernt hätte, guten Kaffee zuzubereiten. Aber bei Van Dyck habe ich ganz neu gelernt, was es bedeutet, eine gute Barista zu sein.“ Klar, dass sie den Kaffee deshalb auch in ihrem eigenen Kaffee anbietet.

„Bei Van Dyck habe ich ganz neu gelernt, was es bedeutet, eine gute Barista zu sein.“

Gianna Gilgen, Inhaberin Heimisch

Dieses Jahr im August wird das Heimisch 5 Jahre. Giannas größter Geburtstagswunsch: „Ich würde mich total freuen, wenn gutes Wetter ist, draußen auf der Deutzer Freiheit vielleicht noch ein bisschen mehr Platz für Außengastronomie ist und wir ein großes Geburtstagsfest mit allen Gästen feiern können.“

Café Heimisch
Deutzer Freiheit 72-74
50679 Köln-Deutz
www.heimisch.cafe

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